Ursprünglich aus Ulm stammend, verbrachte Valentin Renner einige Zeit in Erfurt, bevor er sich in Hamburg niederließ. „Hamburg hat mir wirklich die Welt der Kunst eröffnet. Die Stadt bot mir einen fruchtbaren Boden, auf dem ich sowohl persönlich als auch künstlerisch wachsen konnte. Hier habe ich ein echtes Netzwerk aufgebaut und konnte anfangen, freier und wilder auszustellen.“

Seine erste Arbeit entstand 2018. Nur drei Jahre später folgte die Debütausstellung. „Es war wie ein Funke, der ein Feuer entfacht hat – obwohl, ehrlich gesagt, das Feuer brannte schon vorher. Es wurde nur noch intensiver“, erinnert er sich. „Was es wirklich angefacht hat, war die überwältigend positive Resonanz der Besucher und die Erkenntnis, dass Sammler meine Kunst kaufen wollten, dass ich daraus eine Laufbahn machen konnte.“
Wo Präzision auf Intuition trifft
Renners Wandskulpturen sind sofort erkennbar: präzise arrangierte Nägel und farbige Fäden, die moiréartige Illusionen und eine topografische Tiefe erzeugen. „Die Nägel verankern das Werk auf der Oberfläche, während der Faden Dimension hinzufügt. So entsteht eine Wandskulptur, die an eine topografische Karte erinnert und zu einer dreidimensionalen Wahrnehmung im zweidimensionalen Raum einlädt.“ Trotz der minutiösen Ausführung sind seine Arbeiten persönliche Reflexionen eines Lebens voller Wandel. „Ich bin 18 Mal umgezogen, habe sowohl Wohlstand als auch Knappheit erlebt, intensive Beziehungen und plötzliche Trennungen. Meine Kunst spiegelt all das wider.“

Serien als Erzählform
Anstatt Einzelwerke zu schaffen, arbeitet Renner in Serien, von denen jede ein bestimmtes Thema oder eine Emotion untersucht: Order and Chaos hinterfragt Struktur und Unvorhersehbarkeit; Spectra reflektiert über die Natur der Realität, gebrochen in Licht; Nota kehrt zu seinen Wurzeln zurück und knüpft an seine frühesten Werke an; Strata erforscht neue Anfänge mit einem spielerischen Ansatz. „Strata erinnert mich daran, dass man neue Wege mit Neugier und Leichtigkeit angehen kann“, sagt er. „Ich neige dazu, Dinge sehr ernst zu nehmen, und diese Serie hilft mir, die Perspektive zu wechseln.“

Im Atelier
Ein typischer Tag im Atelier beginnt damit, die Spuren des Vortages zu beseitigen. Arbeiten in unterschiedlichen Stadien lehnen vielleicht wochenlang an der Wand, bevor er sie wieder aufnimmt. Renners Arbeitszeiten sind strukturiert: handwerkliche Aufgaben wie Hämmern und Fädeln wechseln sich ab mit Materialbeschaffung oder organisatorischen Tätigkeiten. „String Art ist fast wie ein schwarzes Loch, in das ich hineingezogen werde. Ich verliere völlig das Zeitgefühl. Für mich ist das nicht Arbeit – es ist Leidenschaft, Eskapismus.“

Trotz des meditativen Prozesses ist Renner extrem genau. „Ich habe große Mühe, Unvollkommenheiten zu akzeptieren. Kleine Fehler lasse ich zu, aber insgesamt muss alles so nah wie möglich an der Perfektion sein.“ Der Moiré-Effekt, der den Werken Bewegung verleiht, ist dabei Segen und Herausforderung zugleich: „Er lässt sich digital nur schwer einfangen, was in einer Social-Media-geprägten Welt, in der so viel Kunst online entdeckt wird, durchaus eine Einschränkung ist.“
Menschen verbinden – wie Nagel und Faden
Renner betont, wie wichtig es ist, seine Arbeiten im Original zu erleben. „Nur dann können die Menschen die Details wirklich erfassen – die Handwerkskunst, die feinen Knoten. Auf einem Bildschirm ist oft nicht einmal klar, dass es sich um Fäden handelt.“ Für ihn selbst ist es besonders spannend, Sammler vor seinen Werken stehen zu sehen und deren Interpretationen zu hören. „Einmal stand jemand vor einem Werk namens Out of the Dark, das von Demut handelt, und hat sofort verstanden, was ich ausdrücken wollte. Solche Momente, in denen jemand genau das liest, was ich beim Entstehungsprozess empfunden habe, berühren mich zutiefst.“ Letztlich wünscht er sich, dass seine Kunst ein Raum der Verbindung wird: „Ich mag das Bild, dass Kunst uns nicht nur mit unseren eigenen Geschichten, sondern auch miteinander verbindet – so wie Faden den Nagel verbindet.“

Ein Blick nach vorn
Mit unzähligen Ideen und ungenutztem Potenzial in der String Art sieht Renner keinen Grund, die Richtung zu wechseln. „Ich bin sicher, dass ich irgendwann andere Materialien erkunden werde, aber im Moment bietet dieses Medium noch so viel unentdecktes Terrain. Viele Türen öffnen sich, und ich bin neugierig, wohin sie führen.“